Besser fördern

Das Problem

Meine persönlichen Erfahrungen mit Kunst- und Kulturförderungen waren immer mit mehr oder weniger Frustration verbunden. Entweder, man wird abgelehnt und ist unzufrieden, oder man wird angenommen und kann das Projekt durchführen. Meistens bekommt man weder im einen noch im anderen Fall Feedback. Rückmeldungen gibt es dann auf das Projekt – auf die Einreichung selbst fast nie. Selbst BeraterInnen, die sich darauf spezialisiert haben, Förderanträge zu konzipieren, können nicht sicher sagen, was gut ankommt und was nicht. Und im Falle einer Ablehnung weiß man nicht: Ist die Idee gut, aber unausgereift? War die Einreichung eine komplette Themenverfehlung? Oder gab es einfach nur zu wenig Geld, und es war eine knappe Entscheidung für ein geringfügig spannenderes Projekt?

 

Die Lösung

Daher starte ich hier den Versuch, einen alternativen Prozess für die Entscheidungen von Jurys zu entwerfen. Die Ziele:

  • Überschaubarer und abschätzbarer Aufwand für die Jury-Mitglieder
  • Konkretes Feedback für die Einreichenden
  • Transparenz über den Prozess, daher mehr Vertrauen der Öffentlichkeit in die Jury-Entscheidungen

Das Grundkonzept orientiert sich leicht an dem Verhandlungsprozess von politischen Koalitionsverhandlungen: ENtscheidungen werden in Kleingruppen getroffen, falls keine Einigung erzielt wird, wird die Entscheidung in die nächstgrößere Gruppe getragen.

Der Prozess

Konkret sieht der Weg zur Jury-Entscheidung folgendermaßen aus:

  1. Es werden Bewertungs-Paare gebildet. Dabei ist immer eine Person Erst- und eine ZweitprüferIn. Es empfiehlt sich, Menschen mit verschiedenen Schwerpunkten und SIchtweisen zu kombinieren.
  2. Jeder Einreichung wird ein Bewertungs-Paar zugeordnet. Dabei hat jedes Jury-Mitglied [Anzahl Einreichungen] / [Anzahl Jury-Mitglieder] als Erst-PrüferIn und nochmal so viele als Zweit-PrüferIn zu begutachten.
  3. Der/Die Erst-PrüferIn bewertet jede Einreichung mit Punkten in festgelegten Kategorien, z.B. 0-10 Punkte in den Kategorien Inhalt, Organisation, EinreicherInnen und Budget.
  4. Der/Die ZweitprüferIn sichtet die BEwertungen und notiert für jede Einreichung, ob er mit der Bewertung übereinstimmt und falls nicht, wo Änderungen erfolgen sollen.
  5. Die zwei PrüferInnen einigen sich über die endgültige Punktevergabe. Kommt es bei einer Einreichung nicht zu einer Einigung, so wird diese für die Jurysitzung vorgesehen.
  6. Die Jurysitzung findet statt. Dafür werden zuerst alle strittigen Einreichungen besprochen und möglichst im Konsens entschieden. Danach werden alle Einreichungen nach Gesamtpunktezahl gereiht. Aus der zur Verfügung stehenden Anzahl an Förderplätzen oder -Mitteln ergibt sich die Anzahl der Einreichungen, die angenommen werden können. Zusätzlich kann jedes Jurymitglied eine (oder mehrere, je nach Anzahl) Einreichung per Wildcard fördern – wenn die Punktezahl nicht ausreicht, für das Jurymitglied aber gewichtige Gründe für eine Förderung sprechen. Diese Wildcard muss nicht begründet werden und darf von jedem Jurymitglied alleine entschieden werden.
  7. Die so entstandene Liste an angenommenen Einreichujngen wird noch einmal von der Jury hinsichtlich budgetärer Machbarkeit überprüft.
  8. Die Liste wird veröffentlicht. Jede Einreichung wird über die Juryentscheidung, Ihre Punktezahl und ggf. die Tatsache, dass sie per Wildcard gefördert wurde, informiert. Von wem eine Wildcard ausgesprochen wurde, wird nicht kommuniziert.
    Diese Details (Punkteanzahl, Wildcard) erfahren nur die EinreicherInnen selbst, veröffentlicht werden nur die geförderten Projekte.

Die Umsetzung

Um konkret zu zeigen, wie ein solches Verfahren erfasst werden könnte, habe ich auf die Schnelle ein Excel-File gebastelt, mit dem der gesamte Prozess dokumentiert werden kann.

Download Voting-Tabelle „Besser Fördern“ (xlsx, 14 kb)

Das Feedback

Dieser Vorschlag soll vor allem eins sein: Ein Diskussionsanstoß. Wenn ihr Feedback dazu habt oder das Verfahren ausprobieren wollt, einfach an mailen. Diskussionsbeiträge, Varianten und Erfahrungen werde ich hier veröffentlichen.